Über Klettern, Klarheit an der Tafel und die Frage, wie Gelassenheit hilft, eigenes Potenzial wirklich zu nutzen.
Im Raum liegt diese freundliche Ruhe, die nichts mit Flüstern zu tun hat. Tafel auf, Köpfe hoch – und plötzlich traut man sich, laut zu denken. So beschreibt Herr Zokaie seinen Unterricht: gelassen auftreten, freundlich bleiben, eine Atmosphäre aufbauen, in der Fragen ausdrücklich erwünscht sind – besonders dort, wo Mathe- oder Physikangst sitzt. Beziehungen tragen mehr als reines Fachwissen, sagt er; wer einen guten Draht zueinander findet, lernt sichtbarer.
Der Weg an die Ziehenschule war bewusst. Nach dem Studium suchte Herr Zokaie ein Umfeld, in dem Physik nicht nur „auch noch“ stattfindet, sondern Profil hat. Der Webauftritt unserer Schule versprach genau das – und was online stand, erlebte er im Alltag bestätigt. Seit 2017 unterrichtet er hier Mathematik und Physik; Referendariat und Ausbildung hat er ebenfalls an unserer Schule gemacht.
Was vielen der Schüler wichtig ist, ist der Mensch hinter Kreide und Formeln. Privat klingt es nach Bewegung und Gemeinschaft: Bouldern, Laufen, Radfahren; Fitnessstudio „nur ab und zu – eigentlich das Langweiligste“. Brettspiele dürfen komplex sein (Dune Imperium, Slay the Spire, Arche Nova, Twilight Imperium), gern mehrstündig – das „Reindenken in neue Regelsets“ ist Teil des Reizes. Schach spielt er seit dem Ende der AG seltener. Musik? Eher Klassik als Pop, regelmäßige Opernabende, und am Klavier wird geübt. Bei Filmen empfiehlt er Denis Villeneuve (Arrival, Dune) – und Cloud Atlas hat es ihm mal so angetan, dass er den Film mehrfach im Kino gesehen hat.
Zurück in den Unterricht: Die gelassene Grundstimmung ist gewollt, sie gehört zur Methode. Wer Mathe meidet, ist oft früh „ausgestiegen“ – Klassiker: die Bruchrechnung in Klasse 6. Dann verankert sich ein kleines Trauma: Bei jedem Bruch geht innerlich der Rollladen runter. Herr Zokaie beschreibt das als echte Lernleistung: den Einstieg wiederzufinden, Schritt für Schritt, ohne Druck, mit Angeboten, die man annehmen kann – besonders in der Unter- und Mittelstufe. Je früher die Abkehr passiert, desto schwerer wird das Auffangen; ganz verschwinden kann Druck nie, aber Atmosphäre hilft.
Warum ausgerechnet Mathe und Physik? Der Start klang nicht nach Bilderbuchlaufbahn: In Klasse 5 ohne Gymnasialempfehlung, die Noten durchwachsen – bis ein Lehrer konsequent förderte, Tafelarbeit einforderte und drangeblieben ist. Aus Übung wurde Stärke; das Interesse an der abstrakten Seite der Fächer wuchs später im Studium. Diese Biografie erklärt seine Geduld im Unterricht – und den Anspruch, Wege offen zu halten.
In der Oberstufe wird Physik zur Sprache, die mit Mathematik erzählt wird. Der Übergang wirkt anstrengend: Statt „Regenbogen zu beschreiben“, stehen plötzlich Gleichungen. Wer sich darauf einlässt, versteht tiefer – nicht nur mehr. Genau dieser Moment, wenn Oberfläche zu Struktur wird, macht für Herrn Zokaie den Reiz des Fachs aus.
Und jenseits des Stoffs? Ein nüchterner Optimismus. Auf die Frage, ob am Ende nicht sowieso alles egal sei, vielleich gerade in einem so gelassenen Leben, antwortet Herr Zokaie ohne Pathos: Endlichkeit ist real – gerade deshalb lohnt es, das eigene Potenzial zu nutzen (HIER ein Artikel dazu). Nicht als Selbstaufopferung, sondern als konsequentes „Wenn ich etwas tun kann, sollte ich es tun“ – mit Blick auf Grenzen und Verantwortung.
Gelassenheit ist für ihn kein pädagogischer Kniff, sondern Teil des Arbeitsklimas. Angstfreie Räume sind nicht weich, sie machen mutig – besonders in Mathe. Hinter dem ruhigen Ton steht ein Mensch, der gern klettert, läuft, spielt, hört und schaut – und überzeugt ist, dass Tiefgang und Freundlichkeit zusammengehören.
von
Lenny Kranjec