Rechtsruck bei den bürgerlichen Parteien

Der Rechts­ruck wird nicht nur von der AfD ange­feuert. Auch die bürger­li­chen Parteien sind Teil von ihm. Dazu gehören CDU, FDP, aber auch SPD und Grüne. Früher hat die CDU noch unter dem Motto „Wir schaffen das“ eine auslän­der­freund­liche Politik prak­ti­ziert.

Im Januar 2023 redete Friedrich Merz (CDU), damals Kanz­ler­kan­didat und mitt­ler­weile erschre­cken­der­weise Bundes­kanzler, von „kleinen Paschas“, die den Deutschen „die Zahn­arzt­ter­mine wegnehmen“. Noch dazu fordert er aktuell einen sofor­tigen Stopp aller irre­gu­lären Migration nach Deutsch­land, obwohl das für Geflüch­tete der einzige Weg nach Deutsch­land ist.

Markus Söder (CSU), forderte im Oktober 2024 sogar die Abschaf­fung des Rechts auf einen indi­vi­du­ellen Asyl­an­trag, was rechts­widrig wäre.

Auch Christian Lindner, Spit­zen­kan­didat der FDP und damit Teil der Ampel meint, dass es in der Migra­ti­ons­po­litik „keine Denk­ver­bote geben dürfe“ (September 2024) und man zur Not auch Grund­rechte übergehen müsse.

Mit dieser Einstel­lung steht er in der Ampel, der Koalition aus SPD, Grüne und FDP nicht allein da. Schon im Januar 2024 beschloss die Ampel das „Rück­füh­rungs­ver­bes­se­rungs­ge­setz“ für mehr Abschie­bungen, und auch jetzt führt die Ampel Grenz­kon­trollen parallel zu den Vorstel­lungen der CDU ein. 

Aber dort hört der Rechts­ruck nicht auf. Die CDU ist für weniger Arbeit­neh­mer­schutz und fordert wieder die Sechs-Tage-Woche. Das Bürger­geld wurde von der Ampel wieder ange­griffen, wodurch die Sank­tionen teilweise sogar härter sind als während Hartz IV.

Es wird in Talkshows auch von Ampel­po­li­ti­kern vorzugs­weise über „Arbeits­lose“ und „Ausländer“ geredet, während beispiels­weise die syste­ma­ti­sche Steu­er­hin­ter­zie­hung der „Super­rei­chen“ geflis­sent­lich ignoriert wird. Die Debatte wurde so verschoben, dass immer nur auf Schutz­losen rumge­hackt wird, die sowieso schon zu wenig haben, anstatt dass über wirkliche Lösungs­an­sätze und wirkliche Probleme geredet wird. Denn mal ehrlich, wäre es nicht viel produk­tiver über die 100 Milli­arden Euro, die dem Staat jährlich dank Steu­er­hin­ter­zie­hung entgehen zu reden, statt über die paar hundert Millionen, die der Staat sparen könnte, wenn er den ca. 15.000 Jobver­wei­ge­rern das Bürger­geld kürzt?

Diese öffent­liche Diskurs­ver­schie­bung sorgt nur dafür, dass rechte Narrative immer weiter norma­li­siert und sich ange­eignet werden. Vor ein paar Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass die Grünen sich überlegen, die Grenzen komplett zu schließen. 

Auch das Thema Klima­schutz wird immer weiter vernach­läs­sigt. Bei den Grünen war er zu der Euro­pa­wahl im Juni 2024 nicht einmal mehr einer der vier Schwer­punkte und das alles passiert, obwohl es viele Klima­pro­teste gibt, es massen­haft Demons­tra­tionen gegen Rechts und die AfD gab und obwohl die nun abge­wählte Ampel als „Fort­schritts­ko­ali­tion“ gewählt wurde. 

Der Eindruck entsteht, dass sich die etablierten Parteien den Forde­rungen der Parteien am Rand anpassen, anstatt ihre eigenen Werte zu stärken, für sie zu kämpfen und sie weiterhin zu publi­zieren.

von
Emil Schleyer