Book Review: Carl Tillessen – Konsum. Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Das Buch „Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen“ von Carl Tillessen, erschienen am 22. September 2020, handelt von unserem Konsum­ver­halten und dessen Auswir­kungen. Tillessen analy­siert unser Konsum­ver­halten und zeigt die Unter­schiede zwischen Früher und Heute auf. Die stetig wachsende Digi­ta­li­sie­rung und die Globa­li­sie­rung haben unser Konsum­ver­halten grund­le­gend verstärkt. Der Begriff der Verbraucher:innen schwindet. Inzwi­schen sind wir zu wahr­haften Konsument:innen geworden.

Carl Tillessen geht der Frage nach, warum wir kaufen, was wir nicht brauchen. Er geht auf psycho­lo­gi­sche Mecha­nismen ein und analy­siert, wie der Konsum zu einer Trend­welle heran­wachsen konnte. Über­mä­ßiger Konsum ist eine Sucht, die zur Befrie­di­gung mate­ri­eller und nicht-mate­ri­eller Bedürf­nisse dient.

Tillessen geht auf die Arbeits­be­din­gungen der Menschen in den Produk­ti­ons­län­dern, wie etwa in Bangla­desch, und das herr­schende Trans­pa­renz­pro­blem ein. Er beschreibt, welch absurden Preis wir zahlen, um so konsu­mieren zu können, wie wir es tun. Denn in diesen Produk­ti­ons­län­dern kämpfen die Menschen ums Überleben und das trotz der menschen­ver­ach­tenden Arbeit, die sie ausüben müssen; Arbeit, bei der keine Arbeits­rechte exis­tieren und die zudem eine gesund­heit­liche Gefähr­dung mit sich bringt.

Tillessen geht deutlich darauf ein, wie der unab­hän­gige Einzel­handel verschwunden und durch Groß­kon­zerne ersetzt wurde. Tillessen erklärt, dass wir alle gemeinsam daran schuld sind und alle gemeinsam etwas ändern könnten; und sollten. Des Weiteren bietet er Lösungs­vor­schläge an und führt uns vor Augen, wie einfach es doch eigent­lich sein kann, ein gutes Bewusst­sein über unser Konsum­ver­halten zu entwi­ckeln, unser Kauf­ver­halten zu hinter­fragen und zu über­denken.

Fazit

Das Buch „Konsum“ von Carl Tillessen hat mir sehr gut gefallen. Tillessen öffnet uns mit seinen detail­rei­chen und wahr­haf­tigen Argu­menten die Augen. Der Inhalt des Buches ist eine Art Wegweiser. Tillessen steht dazu, auch selbst nicht unfehlbar zu sein. Das sind wir alle nicht. Aber es steht in unserer allei­nigen Macht, etwas dagegen zu unter­nehmen, etwas zu verbes­sern.

Unser Konsum­ver­halten beein­flusst eine Menge. Zum einen die Umwelt und zum anderen das Wohl derer, die in den Produk­ti­ons­län­dern unter fürch­ter­li­chen und menschen­un­wür­digen Verhält­nissen arbeiten und im wahrsten Sinne des Wortes ausge­beutet werden.

Meiner Meinung nach leben wir in einem Zeitalter, das man praktisch als modernen Impe­ria­lismus bezeichnen kann. Darüber aller­dings wird geschwiegen. Wir haben eine Verfas­sung, die unsere Rechte schützen soll, die grund­sätz­lich vertritt, dass die Würde des Menschen unan­tastbar ist. Aber gilt das nur für uns? Was ist mit den Menschen, den Kindern aus den Produk­ti­ons­län­dern, die unter barba­ri­schen Verhält­nissen arbeiten müssen, weil sie sonst am Hunger­tuch nagen würden? Ist die Würde dieser Menschen nicht auch unan­tastbar?

Sind diese Menschen einfach weniger wert? Weniger wert, weil wir uns nicht zusam­men­reißen wollen? Haben sie keine Gefühle wie wir? Sind sie einfach Mittel zum Zweck?

Wie paradox das System eigent­lich ist, nicht wahr? Was für eine Doppel­moral, die wir uns auch noch gut reden. Wir kaufen, weil wir es können. Weil wir es mitt­ler­weile in dieser Dimension können. Weil wir glauben, es steht uns zu, weil wir es uns erlauben. Uns geht es gut, weil es anderen nicht gut geht.

Umso pein­li­cher, dass wir dieje­nigen sind, die letztlich mit unseren Hand­lungen darüber entscheiden, wie es anderen Menschen geht. Und dabei sind wir uns zumeist der Konse­quenzen, die unser Konsum­ver­halten birgt, bewusst. Aber wir verdrängen es.

Und dabei stellen wir uns nicht einmal die Frage: Machen uns Dinge wirklich glücklich? Meiner Ansicht nach viel­leicht für einen kurzen Augen­blick. Erst wenn wir aus unserem Konsum­rausch ernüch­tert zu uns kommen, merken wir, dass der Konsum nicht das ist, was uns wirklich glücklich macht. Sondern, dass das Glück der Fülle etwas ganz anderes ist.

Denn, jetzt mal ehrlich: wenn wir am Ende unseres Lebens stehen, denken wir nicht an die Dinge, die wir besaßen, sondern an die Bezie­hungen, die wir hatten. An die Erin­ne­rungen und Menschen, die uns berei­cherten.

Das folgende Zitat hat Tillessen in seinem Buch verwendet: 

„Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden erschaffen, um benutzt zu werden. Dass Dinge geliebt und Menschen benutzt werden, ist der Grund dafür, dass sich die Welt in Unordnung befindet.“
Dalai Lama

Ich gehe mit diesem Zitat mit. Es ist traurig, dass wir es so weit haben kommen lassen. Dass wir schuld an unserem Zustand sind. Es ist einfach nur erbärm­lich, dass wir der Kata­ly­sator für den Klima­wandel sind. Und es ist noch demü­ti­gender, dass wir entscheiden, wem es gut geht und wem nicht. Als wäre es ein Privileg. Als könnte man es sich aussuchen, wo man geboren wird.

Wer hätte das gedacht. Der Mensch ist des Menschen größter Feind.

Carl Tilles­sens Buch „Konsum“ kann unsere Einstel­lungen ändern. Sie aus den Fugen reißen. Man bekommt ein besseres Bewusst­sein und hinter­fragt, warum man konsu­miert und warum man es nicht in solch einem Maße tun sollte. Tillessen appel­liert somit an unsere Vernunft. Er geht mit gutem Beispiel voran, macht uns das Ausmaß bewusst und zeigt, dass es auch schon manchmal reicht, sich ein bisschen einzu­schränken, um etwas zu verändern und bewirken zu können.

Er zeigt uns, dass wir alle Fehler machen, dass wir nicht unfehlbar sind. Doch gleich­zeitig appel­liert er an uns, die Tatsachen nicht zu verdrängen, sondern vieles tief­ge­hender zu hinter­fragen.

Ich kann dieses Buch guten Gewissens empfehlen. Es hat mich von der ersten Seite an vollends einge­nommen.

von
Ela Cigir­dasman